Als mich der Staat adoptierte

Thema: Debatten
Übersetzt von El Perico Mendoza

Dieser Text wurde letztes Jahr von der Feministischen Gruppe „Comadres Púrpuras“ aus Venezuela auf dem Infoportal „Frontal 27“ publiziert. Eine ehemalige Chavistin erzählt über ihre Erfahrungen als Aktivistin der „Bewegung für eine Fünfte Republik (MVR), die sich 2006 mit der Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) zusammenschloss. Sie erkannte erst nach 19 Jahren, dass das militaristisch-chavistische/maduristische Regime nichts mit Emanzipation zu tun hat.

Ich war seit meinem 21. Lebensjahr in der staatliche Bürokratie angestellt. Vor über einem Jahr entschloss ich mich, nicht mehr für den Staat zu arbeiten.

Mein erster Job war als politische Beraterin in einer Sozialeinrichtung des Bundesstaates Vargas. Zu meinen Aufgaben gehörte die gesamte Verwaltung jener Institution, die gesamte Politik der Regierung zu bestärken und vor allem, alle von der Regierung geförderten Programme zu überwachen und zu kontrollieren. Es war kein einfacher Job. Ich habe studiert, gekämpft und gearbeitet. Mir war zu jener Zeit nicht bewusst, dass ich Teil einer Kooptationspolitik der Regierung war. Mein gesamter Aktivismus wurde vom Staat absorbiert. Ich dachte wirklich, dass ich die Welt vom Inneren der Bestie aus verändere. Einer älteren Dame gab ich mal einen Gehstock und sagte ihr, dass das nur Dank der Revolution möglich sei. Ich dachte: «Ich treibe die Veränderung voran». Continue reading Als mich der Staat adoptierte →

Die Piraten sind zurück: Streiktag am Lago Maggiore

Thema: Arbeitskampf
Datum: 03/07/2018
Von: RRN

Es überrascht kaum: Privatisierungen sind nie im Sinne der Arbeiter. Nach zwanzig Tage Streik im vergangenen Sommer – ein Streik, der starken Rückhalt in der Bevölkerung fand, wurde über die Gewerkschaften eine Einigung mit dem Staatsrat gefunden. Letzerer verpflichtetete sich, der “Societa Navigazione Lugano” – das die “Navigazione Lago Maggiore” übernommen hatte – über 200’000 Franken zu zahlen, um das Lohngefälle der Arbeiter auf dem Maggiore zu decken, da die Löhne ihrer Kollegen in Lugano rund 15% niedriger sind. Dies sollte bis zur Aushandlung eines neuen Tarifvertrags dauern. Die 17 Arbeiter*innen die noch bei der “Navigazione Lago Maggiore“ angestellt sind – im vergangenen Jahr waren es noch 34 – sind mit der Art und Weise, wie der neue Vertrag verhandelt wird überhaupt nicht zufrieden und haben heute (Dienstag) einen Warnstreik angekündigt. Vor allem die Lohnbedingungen stehen im Mittelpunkt des Konflikts. Continue reading Die Piraten sind zurück: Streiktag am Lago Maggiore →

Solidarität mit den Bauarbeitern – Rentenalter 60 für alle!

Thema: Arbeitskampf
Datum: 23/06/2018
Von: aufbau.org

2002 haben die Bauarbeiter das Rentenalter 60 errungen, das war super!

Und es war möglich, weil sie gekämpft hatten, anstatt nur zu verhandeln. Sie haben gestreikt und demonstriert, zuweilen auch randaliert. Und das war gut so.

Ein tieferes Rentenalter ist in der Schweiz die grösste Errungenschaft für die ArbeiterInnenklasse der letzten Jahrzehnte – und eine dringende Notwendigkeit! Selbst wenn du nach 60 noch gesund genug wärst, um weiter zu arbeiten, dann würde dich doch niemand anstellen. Die Unternehmer wollen dich nicht bis 65 beschäftigen, sie wollen einfach nicht bezahlen und möglichst viele an die Arbeitslosenkasse abschieben. Continue reading Solidarität mit den Bauarbeitern – Rentenalter 60 für alle! →

Einschüchterungsaktion im Bar Tra in Lugano

Thema: Aktuelles-Repression
Datum: 08/06/2018
Von: RRN

Donnerstag Abend, den 7. Juni 2018, sind um 21.30 mehrere Polizist*innen ins «Biblio-Café Tra l’altro» eingedrungen um Identitätskontrollen unter den Anwesenden durchzuführen. Diesen wurde es verwehrt das Lokal zu verlassen. Unter den Anwesenden war auch eine schwangere Frau, der es aufgrunddessen übel wurde.
Das Kollektiv «Io l’8 ogni giorno» (Übersetzung:»Ich kämpfe jeden Tag»; Zusammensetzung von «lotto» -Kämpfen- und «otto» – acht, Referenz zum internationalen Frauenkampftag am 8.März) hat sich an diesem Abend im Lokal getroffen, um über den geplanten Frauenstreik am 14. Juni 2019 zu diskutieren. Zusätzlich zur feministischen Sitzung befand sich auch eine Gruppe vor Ort, welche den Transport für die Demo gegen Rassismus – die am 16. Juni stattfinden wird – vom Tessin nach Bern organisiert.
Ist es ein Zufall, dass genau in diesem Zusammenhang eine grossräumige Polizeikontrolle durchgeführt wurde? Continue reading Einschüchterungsaktion im Bar Tra in Lugano →

Bern: Demo, Keine Ausschaffungen nach Äthiopien

Thema: Internationalismus
Datum: 08/06/2018
Von: RRN

Am Freitag Nachmittag haben in Bern beim Helvetiaplatz gut 200 Menschen gegen das neue Abschiebeabkommen mit Äthiopien demonstriert. Aufgerufen zur Demo hat die Ethiopian Human Rights and Democracy Task-Force in Switzerland (EHDTS) und die Oromo Community in Switzerland. Unter anderen hat Bleiberecht Bern für die Demo mobilisiert.
Ein Land, dass für schweizer Touris zu gefährlich ist um sich im öffentlichen Raum aufzuhalten, wo in der Nähe von Schulen, Märkten, Strassen, Kirchen, Grenzregionen wie das Landesinnere, in Städten wie auf dem Land und insgesamt in jeder Himmelsrichtung Lebensgefahr herrscht, ist in ein sicheres Herkunftsland umdefiniert worden. Continue reading Bern: Demo, Keine Ausschaffungen nach Äthiopien →

Übersetzung: «Hackmeeting, 6.-8. Juli 2018 in Genua»

Thema: Kultur/Technologie
Übersetzt von: https://hackmeeting.org/hackit18/index.html

«Das Hackmeeting ist das jährliche Treffen der italienischen digitalen Gegenkulturen; es vereint diejenigen Gemeinschaften die sich kritisch gegenüber den technologischen Entwicklungsmechanismen in unserer Gesellschaft stellen. Und dies ist nicht alles. Wir sagen es nur dir, sag es nicht weiter: Hackit ist nur für echte Hackers, das heisst für Menschen die ihr Leben eigenständig führen wollen und bereit sind, für diese Sache zu kämpfen, auch wenn sie noch nie in ihrem Leben ein Computer gesehen haben. Continue reading Übersetzung: «Hackmeeting, 6.-8. Juli 2018 in Genua» →

Über die Kulturindustrie in „Dialektik der Aufklärung“ von Adorno und Horkheimer

Thema: Kultur
Von: Miguel Gastarbeiter

Die Kulturindustrie kann als „eine Form der intellektuellen Produktion unter den Bedingungen von Fordismus12 bezeichnet werden und ist somit unmittelbar an die Entwicklungen des Kapitalismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts gekoppelt. Jegliche Ansätze, die die Kulturindustrie auf eine bloße Medientheorie reduzieren, werden ihrem begrifflichen Inhalt nicht gerecht. Vielmehr bezieht sich der Begriff „Kulturindustrie“ auf jegliche kulturelle Äußerung innerhalb kapitalistischer Produktionsverhältnisse seit dem Fordismus. Das beinhaltet die Wissenschaft, den städtischen Raum, die Musik, die Politik, die Architektur usw.3 Auch wenn der Kultur innerhalb kapitalistischer Gesellschaften ein Hauch der Selbstbestimmung und Originalität anhaftet, die den Schein erwecken, sich der rationalisierten kapitalistischen Produktionsweise zu entziehen, identifizieren Horkheimer und Adorno die Kultur als vereinheitlichtes, uniformes System, das die wirtschaftliche Rationalität beständig reproduziert. „Film, Radio, Magazine machen ein System aus. Jede Sparte ist einstimmig in sich und alle zusammen.“4 Doch trotz ökonomischer Sachzwänge, kann man beispielsweise mit Gunnar Hindrichs sagen, dass die Kultur oft als getrennter und autarker Bereich betrachtet wurde, der, nach liberaler Weltanschauung, die Möglichkeit der individuellen Selbstentfaltung und aus konservativer Sicht, die Erweiterung des eigenen Traditions- und Bildungshorizontes ermöglicht.5Diesem Verständnis der Kultur entgegnen die Autoren mit der Darstellung der der Kulturindustrie immanenten innewohnenden Rationalität: Die Standardisierung der Produkte, die, einmal durch die Massenproduktion „demokratisiert“, sprich allen (solange genügend Geld vorhanden ist) zugänglich werden, für jeden Einzelnen ein individualisiertes Warenangebot des Immergleichen zur Verfügung stellt. D. h., dass der Warencharakter alle kulturellen Äußerungen kennzeichnet. Anhand der Standardisierung wird die Differenz der Konsumgüter innerhalb der Kulturindustrie zum bloßen Trug, denn obwohl die Kulturindustrie verschiedene voneinander abgegrenzte Produkte herstellt (z. B. Pop , Rock , Techno , Punk-Musik usw.) dient die Abgrenzung der Produkte einzig und allein der Kategorisierung der Konsumgüter, um den Kauf- und Verkaufsakt effizienter zu gestalten.6 Genauso wie das Kapital in Bereichen abseits der Kulturindustrie nach Gewinnmaximierung strebt, unterliegt auch die Kulturindustrie seinen ökonomischen Anforderungen und Mechanismen. Continue reading Über die Kulturindustrie in „Dialektik der Aufklärung“ von Adorno und Horkheimer →