Eine Einigung wurde gefunden; Der Streik ist beendet
Thema: Arbeitskampf
Datum: 16/07/2017
Von: RRN
Am Dienstag 15. Juli haben die Pirat*innen am Lago Maggiore ihren Streik beendet. Nach 20 Tagen des Kampfes wurde – durch die Unterstützung der Gewerkschaften SEV, Unia und OCST – eine Vereinbarung mit der kantonalen und städtischen Regierung getroffen: Alle 34 Arbeitnehmer*innen werden im neuen Konsortium mit der Navigazione Lugano wiedereingestellt und die aktuelle Pensionskasse (bei der Ferrovie Autolinee Regionali Ticinesi) sowie die aktuellen Lohnbedingungen für das kommende Jahr beibehalten können. 2019 wird hingegen der künftige Gesamtarbeitsvertrag neu verhandelt werden. Um die Abdeckung der Löhne im 2018 garantieren zu können, werden 150’000 Franken vom Kanton und 50’000 von der Stadt Locarno bereitgestellt werden. “Diese Entscheidung wurde unter Zeitdruck gefällt, wobei die anderen Gemeinden der Region nicht angefragt wurden. Es war wichtiger Sensibilität mit den Streikenden und deren Familien zu zeigen, und auch den Tourist*innen einen Service bieten zu können, welcher wichtig für unsere Region ist”, erklärte Alain Scherrer – der Bürgermeister Locarnos – auf Rete 1.
«Bisher alle Forderungen erreicht»
Die Gewerkschaften und die Arbeiter*innen freuen sich über den Sieg aber ihnen ist bewusst, dass dies nur einen ersten Schritt darstellt. “Es war eine schwierige und anstrengende Zeit, aber wir haben sie zusammen durchgestanden”, erklärt Domenico, Angestellter der NLM auf RSI. “Das ist nur ein kleines grosses Resultat”, fährt er fort. “Es ist der Anfang eines langen Weges, es wird vieles zusammen zu tun geben. Aber heute sind wir gerührt und erleichtert”, sagt er. Über den Direktor des Departements für Wirtschaft und Finanzen Christian Vitta (FDP) lässt die parlamentarische Politik verlauten, dass es sich hierbei um einen “einmaligen und unwiederholbaren Kredit handelt, welcher nur ein Jahr andauern wird”. Natürlich wird nicht zur Sprache gebracht, dass der Kampf sich auszahlt.
Eckball
Dank des vorangebrachten Kampfes konnten die Arbeiter*innen vereint und entschlossen die vorgesehenen Entlassungen auf Ende 2017 verhindern. Gleiches gilt jedoch nicht für das Konsortium mit der SNL und die folgende Privatisierung des Sektors, welche dennoch stattfinden werden. Das bedeutet, dass das Problem ins Jahr 2019 aufgeschobben wird, wenn der GAV verhandelt werden wird. Aber für den Moment musste die Politik einen Kampf besänftigen, welcher wie der grosse Streik der Mitarbeitenden der SBB-Cargo Werkstätten in Bellinzona im Jahr 2008 für die Einwohnerschaft zu einem Symbol wurde – oder schon geworden ist?
Die Forderungen wurden also auf kurze Sicht akzeptiert. Wenn einst jedoch die Garantien für das Jahr 2018 verfallen, wird es von Wichtigkeit sein, sich vor weiteren Angriffen auf die aktuellen Arbeitsbedingungen in acht zu nehmen. Die Pirat*innen des Lago Maggiore haben gezeigt, dass sie sich organisieren können und nicht einfach an der Nase herumführen lassen.
Privatisierung; kein Zufall
Dass die Politiker*innen von Sensibilität und Unterstützung für die Arbeiter*innen der NLM sprechen, ist fast schon lächerlich – Vor allem wenn man beachtet, dass die Voraussetzungen für die Privatisierung schon mit der Erneuerung des Übereinkommens zwischen der Schweiz und Italien über die Schiffahrt auf dem Lago di Lugano und Maggiore geschaffen wurden. Die Erneuerung – welche am 31. Mai 2016 in Lugano von Doris Leuthard und Garziano Delrio abgesegnet wurde – sah laut einem auf der offiziellen Website der italienischen Regierung veröffentlichten Textes voraus “die Art und Weise der künftigen Zusammenarbeit zwischen den zwei Schifffahrtsgesellschaften und die Konditionen zu welchen die Privatfirmen Dienstleistungen auf beiden Seen werden anbieten können” zu definieren. Man muss auch beachten, dass in letzter Zeit Interessen aufgetaucht sind, welche bis zu diesem Zeitpunkt unbekannt waren, beispielsweise durch die Anwesenheit eines Leghisten im Verwaltungsrat der SNL. Dennoch konnte die schnelle Reaktion und Organisation der Arbeitnehmer*innen der NLM die Pläne der Schweizer Bourgeoisie den Markt direkt an die SNL zu übergeben, beeinträchtigen: Nun werden der Kanton und die Stadt für diejenigen zahlen, denen die verlorenen Arbeitsplätze egal waren.
Quellen:
-Ministero delle Infrastrutture e dei Trasporti (2016): Rinnovate le concessioni per la navigazione sui laghi Maggiore e di Lugano. http://www.mit.gov.it/comunicazione/news/ita-sui-rinnovo-concessioni-navigazione-laghi (16.07.2017).
-Bundesamt für Verkehr (2016): Konzessionen für die Schifffahrt auf dem Lago Maggiore und Lago di Lugano erneuert. https://www.bav.admin.ch/bav/de/home/aktuell/medienmitteilungen.msg-id-65095.html (16.07.2017).