Messerstecherei in Locarno; Hakenkreuz und Crew 38
Thema: Antifaschismus
Datum: 24/11/2017
Von: RRN
Freitag der 17. November ist ein junger Mann in Locarno von einem Nazi angegriffen worden. Der Angreifer trug einen gut sichtbaren Aufnäher von Crew 38, ein Unterstützungsnetzwerk der Hammerskins, unermüdliche Unterstützer*innen der weissen Rasse: 3=C, 8=H, Crossed Hammers. Vor der Bar Castello sei die Auseinandersetzung gestartet, als mehrere Anwesende dem Neonazi klar machen wollten, dass in Locarno Nazis nicht willkommen seien. Auf der Piazza Grande sei der Streit in einer Messerstecherei schliesslich eskaliert. Das Opfer ist neben der Schulter nahe am Hals verletzt worden. Das Tatmesser, vom flüchtenden Nazi in einen Abfalleimer geworfen, wurde von der Polizei gefunden: eingraviert ein Hakenkreuz mit der Aufschrift “Sieg Heil”.
Es ist ein Strafverfahren eingeleitet worden, aber niemand wurde bis jetzt festgenommen. Die Episode wird wieder Mal von verschiedenen Stellen bagatellisiert: die Polizei spricht davon, dass es keine Schlägerei gewesen sein, sondern ein Streit, der in Körperverletzung geendet sei. Und trotz einem mitgetragenen Kampfmesser mit Hakenkreuz und rechtsextremen Tattoos und Bekleidung wird betont, dass der Angriff keinen politischen Hintergrund habe. Wo ist Trennlinie? Wann beginnt eine Ideologie, die Mackertum, Hass, Unterdrückung und Gewalt gegen Andersdenkende verrherrlicht, konkret politisch zu werden? Die Neonazis organisieren und bewegen sich auf verschiedene Weisen, es ist wichtig sie zu identifizieren und ihre Profileration zu verhindern. Was in Locarno passiert ist sollte endlich ernsthaft alarmieren, es ist der x-ste Beweis, dass ein antifaschistischer Kampf aufgebaut werden muss, der auch die schweigende Mehrheit thematisiert.
Es ist kein isolierter Fall, der Neonazi und seinde Bande (Crew 38) sind bekannt für ihre Gewaltbereitschaft. Und selbst wenn die Tat nicht so schlimm sei – wie von den Behörden betont – wieso ist der Familienanwalt des Täters sofort nach der Tat auf der Polizeistelle aufgetaucht? Unbequeme Episoden versanden zu lassen scheint im Tessin sehr in Mode zu sein.
Nachdem im Mai auf Grund von rechtsextremen Drohungen ein Konzert des afro-italienischen Rappers Bello Figo abgesagt wurde, Gewalttaten sich häufen und auf den so genannten Sozialen Medien immer wieder Drohungen und rassistische Inhalte auftauchen (von Seiten wie Ticino non conforme, Ossessione antifascista, Resistenza Autoctona – übrigens auch von verschiedenen einheimischen Politiker*innen verfolgt) wächst und gedeiht die rechtsextreme Präsenz im Tessin recht Störungsfrei. Sie wird von den Behörden und Teile der Bevölkerung bagatellisiert, toleriert und zum Teil angefeuert. Die Kommentarsektionen auf den Social Network zeugen wie die Faschisierung die Mitte der Gesellschaft erreicht hat. Sprayereien lösen mehr Empörung aus als eine rechtsextreme Messerstecherei, Neonazis seien “immer noch besser” als “rote Zecken” und Autonome vom Molino. Wir akzeptieren nicht, dass die faschistische Ideologie tolleriert und normalisiert wird.
Um dem braunen Brei entgegen zu wirken sind eine kollektive Anstrengung und Zivilcourage nötig. Solidarität und Information sind eine wichtige Waffe, es müssen ein solides antifaschistisches Netzwerk und einen überregionalen gemeinsamen Widerstand aufgebaut werden, der den Rechtsextremismus auf der Strasse, hinter den Bildschirmen, in der Mitte der Gesellschaft und in den Behörden aufdeckt und bekämpft.